von Frauendomäne-Beirätin Tatjana Gabrielli
Rund um die Regenbogenparade im Juni finden von Jahr zu Jahr immer mehr Institutionen, Unternehmen und Parteien einen Bezug zur LGBTIQ-Community. Ob ein Logo in Regenbogenfarben, Social Media Postings für mehr Akzeptanz oder oder ein Bekenntnis zu mehr Diversität – Homo- und Transphobie scheinen immer mehr zu verschwinden. Doch was passiert eigentlich vor und nach den Regenbogen-Feierlichkeiten?
Die Unterrepräsentation von Frauen* in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik bringt auch mit sich, dass Frauen*, die sich als lesbisch, bisexuell oder trans* identifizieren, kaum sichtbar sind. Wer heute ein Zeichen für Akzeptanz setzt, muss morgen auch danach handeln. Das bedeutet auch, lesbische, bisexuelle, transidente, queere Frauen* zu Wort kommen zu lassen, ihnen eine Bühne zu bieten und sich auch in jedem anderen Monat für ein Umfeld frei von Diskriminierung einzusetzen.
Queere Expert*innen – wozu eigentlich?
2018 wurde erstmals im Auftrag der Arbeiterkammer von SORA eine Studie zur Arbeitssituation von LGBTIQ-Beschäftigten durchgeführt. Befragt wurden dabei knapp 1.300 Personen zu ihrer Erwerbs- und Arbeitssituation. Erfreulich ist, dass ein sich ein Großteil der Befragten am Arbeitsplatz geoutet hat. Doch 60 Prozent haben Benachteiligungen und Diskriminierungen am Arbeitsplatz erfahren. Diese Erfahrungen reichen von Tuscheln, Gerüchte, üble Nachrede, unangenehme, obszöne Witze hin zu Ausgrenzung, berufliche Nachteile, Mobbing und Beschimpfungen. Und nach wie vor gibt es Personen, die ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität verbergen. 9 Prozent lassen ihre Kolleg*innen und Vorgesetzten in einem falschen Glauben, ebenfalls 9 Prozent halten es komplett geheim.
Um ein sicheres Umfeld zu schaffen, braucht es konkrete Richtlinien für den Umgang mit LGBTIQ-Personen und Themen im Betrieb, eine klare Positionierung gegen Diskriminierungen seitens der Unternehmensführung und themenspezifische Weiterbildungen oder Diversity-Trainings. Wichtig dabei ist, zuzuhören. Nichts schön reden, diskriminierende Erfahrungen nicht klein zu reden. Genau hier können Gespräche, Vorträge und Bildungsangebote mit queeren Expert*innen ansetzen.
Aber der Appell ergeht auch klar an alle Entscheidungsträger*innen: Ob Parteien, Sozialpartner, Interessensvertretungen oder Behörden – Gesetze, Erlässe, Beschlüsse, Maßnahmen im Bezug auf Gleichstellung, Bildung, Gesundheit, Partner*innenschaft, Familie, Kinder- und Jugendliche, Pensionist*innnen, Diskirminierungsschutz, Gewaltschutz, Asyl und so vieles mehr – hört den Exper*innen der Community zu, lernt von ihnen.
Sichtbar und Stolz – Outet euch!
Die Frauendomäne ist das perfekte Gegenargument zu “Wir haben keine qualifizierte Frau* gefunden”. Es liegt aber auch an uns, sichtbar zu sein und stolz auf unsere Expertise zu sein. Als queere Expert*innen können wir nicht nur Unternehmen und Gesellschaft sicherer und bunter machen. Wir können nicht nur andere sensibilisieren und bilden.
Wir sind auch Hoffnungsträger*innen. Für all jene, die Angst haben, sich zu outen. Für all jene, die sich verstecken müssen. Für all jene, die auf Grund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität nicht daran glauben, es weit zu bringen.
“In the cause of silence, each of us draws the face of her own fear — fear of contempt, of censure, or some judgment, or recognition, of challenge, of annihilation. But most of all, I think, we fear the visibility without which we cannot truly live… And that visibility which makes us most vulnerable is that which also is the source of our greatest strength.”
Audre Lorde
Tatjana Gabrielli ist LGBTIQ-Aktivistin, SoHo Bundesfrauensprecherin, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei den Psychosozialen Diensten in Wien und Teil des neunköpfigen Beirats der der Frauendomäne.